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Schiene auf Schiene

Schienesischische Sprache, schwere Sprache

06/20/2010

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Manni Schneiderbauer
Foto: Monique Steiner
Alles auf Schiene?

Presseschienesisch

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Schienesisch spricht die Stadt- und Landespolitik nun schon seit bald zehn Jahren, doch jetzt folgen den Worten auch die Taten. Baustufe 1 des Tram-Ausbaus ist angelaufen.

Noch nicht ganz bekopft haben manche das Gesamtkonzept hinter dem Tram-Ausbau. Man hört nach wie vor zweifelnde Stimmen, die glauben, dass nach dem Bau der Strecke zum Q-West Schluss sein könnte. Nur mit ganz viel Glück würde dann vielleicht noch die Strecke bis Technik-West gebaut, dann sei aber endgültig Sense. Weder die Strecken in die Innerebnerstraße und in die Peerhofsiedlung, nach Völs, noch jene ins Olympische Dorf, nach Rum oder gar die nach Hall würden jemals realisiert werden.

Speziell für diese Zweifler habe ich den offiziellen Übersichtsplan (das Original gibt's hier) ein wenig modifiziert, so dass auf den ersten Blick erkennbar sein sollte, worum's eigentlich geht. Farblich hervorgehoben ist ausschließlich die in der Kernstadt geteilte Ost-West-Schienenachse.



Grundidee: die Ost-West-Schienenachse (rot) teilt sich an den S-Bahnhöfen Rum und Völs und durchquert die Kernstadt auf zwei verschiedenen Strecken. Eine der beiden Strecken befahren mehrere S-Bahn-Linien (violett), die andere befährt die IVB-Stadtbahn (blau, grün) nebst mehreren IVB-Tramlinien. Wegen der unterschiedlichen Spurweiten sind die Systeme getrennt, das Schienennetz ist aber ein Ganzes.
Die blauen Streckenabschnitte schließen die Lücken zwischen der IVB-Ost-West-Achse innerhalb der Kernstadt und den S-Bahn-Verknüpfungspunkten.

Es geht also darum, zwei Schienenwege in Ost-West-Richtung durch die Kernstadt zu schaffen, wie politisch festgelegt im Entwicklungskonzept für den ÖV im Zentralraum. Erst der Bau der blauen Abschnitte wird die Lücken zwischen den beiden Schienenachsen schließen und den Verkehrs-Modal-Split zwischen Kernstadt und Umland nachhaltig in Richtung S-Bahn und Stadtbahn verschieben. Im Grunde genommen wird der ganze Aufwand genau dafür betrieben. So lange diese Lücken nicht geschlossen sind, so lange die "Regionalbahn" nicht an den S-Bahnhöfen Rum und Völs anbindet, bleibt die angestrebte größere Verlagerung im Pendlerverkehr aus. Erst mit Inbetriebnahme dieser Ausbaustufe kann das neue städtische Schienennetz seine volle Kraft entfalten.

Für dieses Grundnetz zeigt die politische Beschlusslage in Stadt und Land ganz klar auf Umsetzung. Gegenwind, genauer: ein Gegenlüfterl kommt nur aus einem einzigen politischen Lager. Die gelegentlichen medialen Kläfflaute aus dem rechtsrechten Hundezwinger rund um Federspiel, Hauser und Konsorten werden jedoch niemals auch nur ansatzweise Mehrheitsfähigkeit erlangen.

Es gibt daher keinen Zweifel daran, dass das Grundnetz wie vorgesehen gebaut wird und in einigen Jahren in Betrieb geht. Gezweifelt werden darf allenfalls am Streckenabschnitt Rum - Hall der Stadtbahn und am Westast der Linie 3 zum Steinbockweg, für die noch politische Beschlüsse ausstehen. Auch diese Ausbaustufen werden aber bereits heute in der Arbeit der Stadtplanung und des regionalen Planungsverbandes berücksichtigt.

Immer noch vergeblich sucht man aber nach einer offiziellen Internet-Plattform für das Gesamtprojekt. Auch wenn die IVB ausführlich über die laufenden bzw. unmittelbar bevorstehenden Bauarbeiten informieren: das reicht nicht. Die Menschen freuen sich auf mehr Tram und auf die Veränderungen, die die Tram in ihrer Umgebung, in ihren Wohnvierteln, in den Straßen in denen sie oft unterwegs sind, bringt. Mehr Grün, weniger parkende und fahrende Autos, mehr Urbanität: all das gehört besser kommuniziert, mit Plänen, in Bildern, Videos und detaillierten Texten. Ich appelliere an die Verantwortlichen, endlich - nach dem Vorbild anderer Städte - eine solche Plattform einzurichten!

Bis dahin müssen die Menschen sich mit dem begnügen, was in den News und auf den weiteren Seiten von strassenbahn.tk zu finden ist, und mit dem, was die lokalen Medien ihnen servieren. Diese haben sich in den vergangenen Jahren nicht immer sehr einfallsreich hinsichtlich ihrer Headlines gezeigt, was das Bild rechts beweist. Das große Medieninteresse zeigt aber die Bedeutung des Tram-Ausbaus für die ganze Stadt.
Die abgebildeten Artikel und ca. 700 weitere finden sich übrigens im umfangreichen Pressearchiv.

So bleibt jedenfalls zu hoffen, dass Innsbruck ab jetzt immer mehr und immer besser schienesisch spricht. Die Zeichen stehen weiterhin auf Tram!

Signatur
Manni Schneiderbauer
Sämtliche Formulierungen in diesem Artikel beziehen sich auf beide Geschlechter.



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> 30.05.2007: Chronologie des Regionalbahnkonzepts
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