Übersicht
Neubaustrecke Sillpark - Leipziger Platz in Betrieb
Geschichtsträchtiger Streckenabschnitt der Linie 3 wurde für drei Linien neu trassiert
09/02/2013
09/03/2013
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Der alte Leipziger Platz mit zwei Lohner-Triebwagen, ca. 1974
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Foto: Hilmar Werner
Der neue Bahnhof Leipziger Platz, 2.9.2013
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Am 30. Dezember 1911, vor beinahe 102 Jahren, wurde der erste halbe Kilometer der Amraser Straße erstmals von einem Straßenbahnzug im Linienbetrieb befahren. Über die damalige Sillbrücke mussten die Passagiere allerdings zu Fuß gehen - weil die alte Gaswerkbrücke zu schwach war, durften die Solo-Triebwagen sie nur ohne Fahrgäste passieren und auf der anderen Seite wieder einsteigen. Erst ab 19. Juni 1912 durften die Passagiere in der Tram bleiben - sofern sich nicht gerade ein Fuhrwerk auf der Brücke befand. Eine neue, eigene, eingleisige Trambrücke wurde am 23. Mai 1914 in Betrieb genommen, die dann 48 Jahre lang genutzt wurde; ab November 1962 verkehrte die Linie 3 zweigleisig über jene Straßenbrücke, die 2012 abgetragen wurde.
Ein ähnliches Problem tauchte vor wenigen Jahren auf: die Position der neuen Trasse auf der Brücke in Kombination mit den schweren Flexity-Triebwagen erforderte eine stärkere Brücke. Diesmal wurde, eingebettet in eine Bauetappe des Tram-Ausbaus nach dem Straßenbahn- und Regionalbahnkonzept, nach einigen Monaten der politischen Diskussion gleich eine neue gebaut, die den Anforderungen des Großstadtverkehrs gewachsen ist.
Am Montag, dem 2. September wurden die neuen Gleisanlagen zwischen Sillpark und Leipziger Platz erstmals befahren - strassenbahn.tk berichtete über diesen rund 520 m langen Abschnitt des Tram-Ausbaus zuletzt im August.
Der Regelbetrieb der Linie 3 startet tags darauf.
Die durchgehend getrennt vom Individualverkehr trassierte Neubaustrecke beinhaltet rund 1.200 Laufmeter Gleis mit einem Mindestradius von 29 m, vier Gleiskreuzungen, 12 Weichen, zwei Schienenauszugsvorrichtungen zum Ausgleich von temperaturbedingten Bewegungen der Schienen im Brückenbereich, fünf Haltestellen mit je ca. 60 Meter Länge und eine sechste nur für Busse mit einer Länge von 30 Metern. Sie ist für 2,65 m breite Stadtbahnfahrzeuge ausgelegt. Im Zuge des Neubaus wurden und werden außerdem rund 3.800 Laufmeter Bordsteine und 13.500 m&squm; Fahrbahnen, Radfahranlagen, Gehsteige und Grünanlagen errichtet.
Mit zwei unabhängig voneinander nutzbaren Wendemöglichkeiten am Beginn der Amraser Straße und am Leipziger Platz sowie drei Gleisen mit vier Bahnsteigen am Umsteigeknoten Leipziger Platz ermöglichen die neuen Gleisanlagen maximale betriebliche Flexibilität und erfüllen alle Anforderungen an Barrierefreiheit und Komfort für die Fahrgäste.
Oberbau der Neubaustrecke
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Grafik: Stadt Innsbruck, MA III Tiefbau
Die Gleisanlagen wurden, wie schon die Neubaustrecke in der Höttinger Au, auf ungedämmtem Oberbau mit Streustromisolierung (Grafik links) errichtet, da der moderne Fuhrpark eine Schalldämmung überflüssig macht. Die Schienenentwässerung erfolgt über die Rillen.
In den Stationsbereichen wurde in den Bodenbelag ein bituminös gebundenes Korngerüst eingebaut, dessen Hohlräume mit Zementmilch ausgegossen wurden. Damit erreicht der Belag eine hohe Festigkeit, Spurrillen durch die Busbefahrung werden vermieden, und der Gleisbereich hebt sich farblich und strukturell von den umgebenden Bereichen ab. Dieser Bodenbelag ersetzt die früher verwendeten Betonplatten und wurde auch auf den schon fertiggestellten Neubaustrecken in Hötting bereits eingebaut.
Das Anlegen von Rasengleisen war wegen der Busmitbenützung nicht möglich.
Die Ampelanlagen entlang der Neubaustrecke wurden so eingerichtet, dass Bahnen und Busse in den meisten Fällen ohne Wartezeiten weiterfahren können.
Das Bauprojekt umfasst drei Streckenabschnitte: den Bahnhof Leipziger Platz, die Friedensbrücke und die nördliche Amraser Straße mit der Station Sillpark.
Signalschema und Fahrstraßen am Bahnhof Leipziger Platz
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Grafik: Hanning & Kahl
Bahnhof Leipziger Platz
Der Umsteige- und Abzweigbahnhof am Leipziger Platz ist mit seinen drei Gleisen darauf ausgelegt, die künftige Neubaustrecke der Linie 3 durch die Amraser Straße und die Strecke der Linien 2/O und 4, die künftig durch die Defreggerstraße verkehren werden, zusammenzuführen und das Umsteigen zwischen diesen drei Tramlinien und Regionalbuslinien des VVT zu ermöglichen. Anfangs wird er nur von der Linie 3 genutzt, die Ausfädelung nach Süden wurde aber bereits eingebaut.
Die Weichen- und Signalanlagen am Leipziger Platz ermöglichen die Bildung von zehn verschiedenen Fahrstraßen (siehe Signalschema rechts).
RevisorInnen können mit Schlüsselschaltern an den Signalen vor Ort verschiedene Fahrstraßen aktivieren, um z.B. Wendemanöver zu ermöglichen oder das mittlere Gleis zu sperren, während dort Triebwagen abgestellt sind.
Über das Mittelgleis kann von der Innenstadt kommend gewendet werden. Es kann jedoch auch als Abstellgleis genutzt und der mittlere Bahnsteig über das südseitige Gleis bedient werden. Damit steht ab sofort eine innenstadtnahe Abstellmöglichkeit, z.B. für defekte Wagen oder für Sonderfahrten, zur Verfügung.
Im Zuge des Neubaus wurden weite Teile des umgebenden Straßenraums neu gestaltet. Neben insgesamt 20 Bäumen, darunter zwei Baumreihen, und mehreren großen Grünflächen wurden auch zwei Radwegquerungen angelegt.
Der Leipziger Platz wurde in seiner Nordhälfte mit Ausnahme der Zufahrt zum Parkplatz des Hallenbades autofrei.
Friedensbrücke
Gleiskörper auf der Friedensbrücke, 2.9.2013
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Neue Friedensbrücke
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Grafik: Stadt Innsbruck, MA III Tiefbau
Die Friedensbrücke, die den Sillfluss und den unterirdisch verlaufenden Sillkanal überspannt, musste für rund 2,3 Mio. € neu errichtet werden, um den neuen Verkehrsanforderungen gerecht zu werden (Grafik rechts). Die 2012 abgerissene alte Brücke war 50 Jahre alt geworden.
Sie nimmt jetzt sechs Fahrspuren für den öffentlichen Verkehr und den motorisierten Individualverkehr, zwei Radwege und zwei Gehwege auf (siehe Querschnittszeichnung links unten).
Auf der Friedensbrücke musste die Gleistrasse aufgrund der geringen Aufbauhöhe des Asphaltaufbaues mit nur 130 mm hohen Schienen ausgeführt werden. Die
Schienen wurden dort auf einem Unterguss verlegt und mit Stahldübeln im Brückentragwerk verankert, um Verformungen zu vermeiden.
Querschnitt der Friedensbrücke
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Grafik: Stadt Innsbruck, MA III Tiefbau
Sillpark und Rhombergpassage
Station Sillpark, 2.9.2013
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2011 wurde die ursprüngliche Planung, die Station Sillpark mit vier Gleisen auszustatten, aufgegeben. Man geht seitens der IVB davon aus, mit der nun errichteten neuen Haltestellenanlage auszukommen, auch wenn zwei von den drei dort künftig haltenden Tramlinien in Doppeltraktion verkehren und die Station auch von einer Gelenkbus- und zwei Solobuslinien bedient wird. Wartezeiten sollen mittels rasch reagierender Ampelschaltung vermieden werden.
Die neue Station Sillpark bietet somit Platz für den Fahrgastwechsel von maximal drei Flexity-Straßenbahnen bzw. einer Flexity-Doppeltraktion plus einer Einzelgarnitur. Regionalbusse des VVT werden diese Station nicht belegen, sie halten nur am Leipziger Platz.
X-Wendeanlage Sillpark
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Eine doppelseitige Wendeanlage am oberen Ende der Station Sillpark ermöglicht das Wenden von Zügen aus beiden Richtungen bei gleichzeitiger abwechselnder Nutzung der Bahnsteige.
Zwischen Sillpark und Friedensbrücke werden beidseitig noch Baumreihen und auch einige Grünflächen angelegt.
Die Probefahrten und die behördliche Abnahme fanden am 2. September von 9 Uhr 44 bis 11 Uhr mit Tw 310 statt und verliefen erfolgreich.
Route der Probe- und Abnahmefahrt
Sillpark - Leipziger Platz mittleres Gleis - Amras - Leipziger Platz nördliches Gleis - Wenden über die X-Wende Sillpark - Leipziger Platz südliches Gleis - Ostende des Leipziger Platzes - Wenden und Rückfahrt über mittleres Gleis - Gleiswechsel auf das Richtungsgleis ins Zentrum - Wechsel auf Gegengleis über die X-Wende Sillpark (andere Variante) - Wechsel zurück aufs Richtungsgleis Zentrum - Station Sillpark
Eine Fotoserie von der Erstbefahrung mit 29 Bildern befindet sich in der Untergalerie Probefahrten am Neubauabschnitt Sillpark - Leipziger Platz, 2. September 2013 der Fotogalerie Reihe 300/350: Flexity Outlook C.
Es sind jedoch noch nicht alle Bauarbeiten in diesem Bereich beendet, weswegen die Beschleunigung des öffentlichen Verkehrs in diesem Abschnitt noch etwas auf sich warten lässt: in den noch folgenden beiden Bauphasen muss der Individualverkehr im Bereich des Leipziger Platzes auf die Tramgleise geleitet werden. Zudem dürfen nur Bahnen der Linie 3 die neue öV-Trasse befahren, die Busse der Linien C, F, J und N1 fahren vorerst weiterhin an deren Rändern und bedienen die Ersatzhaltestellen.
Während dieser Zeit werden Grünanlagen, Radfahranlagen, Gehsteige und die Fahrbahnen für den Individualverkehr fertig gebaut. Anfang November sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein.
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Am 3. September wurde plangemäß der Linienbetrieb auf Teilen der neuen Gleisanlagen aufgenommen. Tw 319 erreichte um 5 Uhr 34 den Leipziger Platz (erstes Bild unten).
Die folgenden Bilder zeigen die ersten Plankurse.
Zeitgleich trat eine neue Baustellenverkehrsführung in Kraft, weswegen der Abschnitt Leipziger Platz bis Friedensbrücke in Richtung Zentrum vorübergehend auch vom Individualverkehr befahren wird.
Erste Plankurse am 2.9.2013 morgens
(mps,ibk,ivb)
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