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Neue Planungen kombinieren S-Bahn und Stadtbahn
Erste S-Bahn-Ausbaustufe bereits ab 2007 · Stadtbahnlinie 4 soll Nordostachse besser erschließen
09/09/2006
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Am Donnerstag, dem 7. September, fand ein "Krisengipfel" zum Thema Regionalbahnkonzept statt, nachdem wenige Tage zuvor LH Herwig van Staa ein Überdenken des Regionalbahnkonzepts unter Miteinbeziehung der vorhandenen Schienen-Infrastruktur der ÖBB gefordert hatte.
Bei der Sitzung, an der neben dem für Verkehrsplanung zuständigen Landesrat Hans Lindenberger und dem Landesrat für öffentlichen Verkehr, Anton Steixner, auch Bürgermeisterin Hilde Zach und Verkehrsstadtrat Walter Peer teilgenommen haben, wurden wichtige Grundsatzentscheidungen hinsichtlich der Verknüpfung der geplanten IVB-Stadtbahn mit der ebenfalls geplanten S-Bahn auf ÖBB-Strecken gefällt und außerdem die Trassierung der Stadtbahn östlich der Stadt so revidiert, dass die Erschließungswirkung in Kombination mit der S-Bahn verbessert wird.
Die Umsetzung des Regionalbahnkonzepts soll durch einen neuen Stufenplan, laut Lindenberger, beschleunigt werden. An der IVB-Stadtbahn werde, mit geänderter Trassenführung, nach wie vor festgehalten, zusätzlich werde aber die ÖBB-S-Bahn in das Gesamtkonzept mit einbezogen.
Hans Lindenberger: "Durch eine enge Kooperation aller Beteiligten wird es nun zu einer beschleunigten und strukturierten Detailplanung und Umsetzung kommen. Das Projektziel bleibt unverändert, die ersten Planungen haben gezeigt dass eine Kombination von Lösungen das Projekt beschleunigen kann."
Stadtbahn und S-Bahn werden aufeinander abgestimmt
Unklar war bis dato, inwiefern die Stadtbahn und die angedachte S-Bahn einander ergänzen und wie sie verknüpft werden.
Eine Verknüpfung soll nun im Osten der Stadt in Rum erfolgen, im Westen in Völs. Östlich von Rum soll den EinpendlerInnen aus Hall schon ab 2007 die S-Bahn zur Verfügung stehen, in weiterer Folge wird nicht entlang der ÖBB-Trasse, sondern weiter nördlich davon die IVB-Stadtbahn errichtet, wie auch bisher schon geplant.
LR Hans Lindenberger dazu: "In einem ersten Schritt wird die bestehende ÖBB-Trasse zwischen Hall, Innsbruck und Völs attraktiviert. Neue Zuggarnituren (Talent) werden eingesetzt, die Taktfrequenz wird verbessert. Diese Neuerungen sollen schon im Fahrplan 2007 greifen. Das Zentrum von Hall soll an die ÖBB-Trasse besser angebunden werden. Gleichzeitig wird in Innsbruck die Umsetzung der Regionalbahn vorangetrieben. Trassenverlauf: von Neu-Rum über das O-Dorf und die Reichenau bis nach Kranebitten. In Neu-Rum ist die Verknüpfung zwischen der ÖBB-Trasse und der innerstädtischen Trasse vorgesehen.
LR Anton Steixner betonte: "In einem ersten Schritt werden bereits ab dem Jahr 2007 erste Verbesserungen im Nahverkehr rund um Innsbruck für die Kunden sichtbar sein. Durch intensive Verhandlungen mit den Österreichischen Bundesbahnen wird das bestehende Angebot maßgeblich verbessert. Kunden, die öffentliche Verkehrsmittel nutzen, werden so rasch von den Verbesserungsmaßnahmen profitieren."
Experten hatten in der Vergangenheit wiederholt gefordert, die Realisierung der S-Bahn zumindest im Großraum Innsbruck vorzuziehen.
Dem wird nun Rechnung getragen: die S-Bahn soll möglichst bald in einer ersten Ausbaustufe in Betrieb gehen, und nicht, wie zunächst von politischer Seite angekündigt worden war, erst ab frühestens 2009, wenn wegen der in Bau befindlichen neuen Unterinntaltrasse Kapazitäten auf der ÖBB-Trasse im Unterinntal frei werden.
Anton Steixner dazu: "Wir wollten an sich einfach etwas möglichst schnell weiterbringen. Dass man nicht zehn Jahre lang herumplant, sondern die Pendler sollen relativ schnell was haben."
Gleichzeitig wird aber nach wie vor an der Stadtbahn festgehalten, deren Trassenverlauf auf die S-Bahn abgestimmt wird.
"Stadt und Land werden unvermindert am Regionalbahnkonzept festhalten, um dieses Projekt zu verwirklichen", so Verkehrsstadtrat Walter Peer.
Im Osten sollen laut Lindenberger "die Türen geöffnet", also Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden für Planungsarbeiten für weitere Ausbaustufen der Stadtbahn über die Planungen im Regionalbahnkonzept hinaus nach Mils und Wattens sowie im Westen über Völs weiter nach Kematen.
Somit wird ein integriertes Schienennetz angestrebt, eine Idee, die bereits kürzlich aifgetaucht war - strassenbahn.tk berichtete.
Bessere Erschließung von Hall und Mils
Bekanntlich hätte die IVB-Stadtbahnlinie nach Hall östlich von Rum weitgehend entlang der Trasse der 1974 eingestellten Straßenbahnlinie 4 verlaufen und am Unteren Stadtplatz in Hall enden sollen. Experten hatten dies wiederholt kritisiert, da mit einer Endstelle am Unteren Stadtplatz weder die Stadt Hall optimal angebunden noch eine gute Verknüpfung mit Regionalbuslinien und S-Bahn möglich gewesen wäre.
In Hall soll nun zunächst das Zentrum und der Bereich Unterer Stadtplatz und Untere Lend durch eine neue S-Bahn-Station erschlossen werden. Bereits 2007 sollen auf der ÖB-Strecke nur noch Talent-Triebzüge zum Einsatz kommen und im Bereich Hall bis Völs eine S-Bahn im dichten Takt geführt werden.
Parallel dazu wird an einer alternativen Trassenführung für die Stadtbahn im Bereich Rum über Thaur bis Hall gearbeitet, die eine Einbindung des Oberen Stadtplatzes, des BKH und eine Weiterführung nach Mils ermöglicht, etwa so, wie vom Planungsbüro BVR im Rahmen des Milser Verkehrskonzeptes vorgeschlagen; strassenbahn.tk berichtete.
Schnellere Umsetzung des Straßenbahnkonzepts möglich
Der neue Stufenplan hat auch Auswirkungen auf die neuen Straßenbahnlinien innerhalb der Stadt. Diese könnten nun rascher realisiert werden - und es soll auch bereits von Anfang an bis Rum gebaut werden, wo, wie bereits erwähnt, eine Verknüpfung mit der S-Bahn geplant ist.
Durch die Trennung der Projekte "Regionalbahn" (Stadtbahn plus S-Bahn) und "Straßenbahn" (Straßenbahnausbau) könnte mit dem Straßenbahnausbau unter Umständen auch ohne Umweltverträglichkeitsprüfung, und somit schon früher, begonnen werden.
Finanzierung
Unklar ist noch, inwiefern der bestehende Finanzierungsvertrag zwischen Stadt, Land und Bund von den Änderungen betroffen ist. Die finanzielle Beteiligung des Bundes ist an das bestehende Regionalbahnkonzept gebunden, in dem die S-Bahn noch nicht berücksichtigt war.
Das Land hat aber bereits vor geraumer Zeit den nahverkehrstauglichen Ausbau der ÖBB-Strecke angekündigt, Insider gehen daher davon aus, dass die zusätzlichen Stationen, wie auch die S-Bahn-Triebwagen des Typs "Talent", vom Land finanziert werden, am Finanzierungsvertrag laut Regionalbahnkonzept würde sich in diesem Fall nichts ändern.
Neben der neuen Station in Hall müssten für die S-Bahn noch weitere Stationen, auch im Innsbrucker Stadtgebiet, errichtet werden, hier müsste neben dem Land wohl auch die Stadt zusätzliche Finanzmittel bereitstellen.
Ein neuer Umsetzungszeitplan soll in den nächsten Wochen präsentiert werden. Die Planungs- und Vorbereitungsarbeiten bei den IVB und den ÖBB laufen indes unbeeinträchtigt weiter.
Meinung
Die Pressekonferenz am Donnerstag und die daraus resultierenden Pressemeldungen haben viel Verwirrung gestiftet - der ORF etwa veröffentlichte einen fehlerhaften Plan, dem gemäß die Stadtbahn und die Straßenbahn die Reichenau und das Olympische Dorf nicht bedienen würden. Nur wer die Thematik genau kennt und weiss, was im Vorfeld geschah, der weiss auch, wie das Ergebnis dieses "Regionalbahngipfels" zu interpretieren ist.
Insidern war schon lange klar, dass die S-Bahn auf ÖBB-Trassen mit dem Regionalbahnkonzept verknüpft werden muss. Der Nutzen wäre wesentlich kleiner gewesen, wenn die beiden Projekte unkoordiniert verwirklicht würden, ein Misserfolg hätte sich abgezeichnet.
Daher war es höchst an der Zeit, die Projekte zu kombinieren , ganzheitlich zu denken, und Land, Stadt, IVB und ÖBB an einen Tisch zu bringen.
Wenn das Ergebnis nun auch noch rasch umgesetzt werden kann, dann wurde am Donnerstag zweifellos die beste Lösung für die Agglomeration Innsbruck und in weiterer Folge für den gesamten Zentralraum gefunden.
Der rasche Ausbau der Straßenbahn und die schon sehr bald erfolgende Eröffnung einer zunächst noch "kurzen" Ost-West-S-Bahn-Linie sind jedenfalls ein guter Anfang und eine gute Grundlage für den weiteren Ausbau, der zu erwartende Erfolg des nun integrierten Netzes und die Linderung der Verkehrs- und Umweltproblematik sollten auch die Finanzierung der nächsten Schritte erleichtern.
Den zuständigen Politikern sei allerdings empfohlen, ihre Aussagen und Pressetexte klarer zu formulieren, den Terminus "Regionalbahn" endlich zu streichen und der Öffentlichkeit zu erklären, dass es einerseits eine Stadtbahn geben wird, die auf Meterspurgleisen der IVB verkehrt, und andererseits eine S-Bahn, die auf ÖBB-Gleisen verkehrt, diese beiden Systeme aber an Umsteigeknoten aufeinander abgestimmt werden und ein Gesamtsystem bilden. Die Verwendung der Begriffe "Stadtbahn" und "S-Bahn" wäre ausdrücklich anzuraten.
(mps, Landesregierung, TT, ORF)
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